Vereinsgeschichte
Das Dorf Vynen … .
.. bestand schon gute 800 Jahre und hatte seinen Weg vom Zusammenschluss mehrerer Bauernschaften zu einer kleinen Dorfgemeinschaft über die Jahrhunderte kontinuierlich entwickeln können. Nun war es – am Anfang des 20sten Jahrhunderts auf eine Größe von ca. 1.000 Einwohnern herangewachsen (Xanten zählte zu diesem Zeitpunkt gerade einmal ca. 5.000 Einwohner). Mag es am Rhein oder an der besonders fruchtbaren Gegend gelegen haben, dass sich im Jahre 1956 ausgerechnet hier ein Gärtner aus Langenalb im Schwarzwald niederließ, der nach getaner Arbeit auf dem Margaretenhof seine Trompete aus dem Schrank holte.
Werner Funk und die Fischerin vom Bodensee
Die Lieblingsmelodie von Werner Funk war sinnigerweise „die Fischerin vom Bodensee“, mit der er sich wohl die Herzen der Nachbarjungen Ernst Maas und Hans Koppers angelte. Wer weiß, ob es die Fischerin oder die Trompete war, die gleich auch noch Erich Willemsen und Hans Deymann aus der Nachbarschaft ins Herz getroffen haben - der Musikvirus hatte sie infiziert.
Das Musikvirus greift um sich
Und das mit einer rasenden Geschwindigkeit: bereits am 14. Oktober 1956 – zwischen 17:20 Uhr und 18:30 Uhr (ein solch wichtiges Ereignis verdient die minutiöse Aufzeichnung) wurde der Musikverein Vynen aus der Taufe gehoben.Taufpaten dabei waren: Herbert Göbel, Hauptlehrer in Vynen Johann Landers, Wiederbegründer des im Krieg „verstummten“ Musikvereins Obermörmter.
Konstitution des neu gegründeten Musikvereins:
Herbert Göbel 1. Vorsitzender, Erich Willemsen 2. Vorsitzender, Ernst Maas Schriftführer, Hans Koppers Kassierer, Werner Funk Instrumentenwart Die Satzung hatte man sich kurzerhand vom Musikverein Obermörmter ausgeliehen und aus praktischen Gründen auch gleich zur eigenen gemacht.
Ein Musikverein ist ein Musikverein…
…auch wenn außer den Vereinsmitgliedern und einer abgekupferten Satzung kaum mehr vorzuweisen war. Das sollte sich doch möglichst bald ändern – so zumindest der ehrgeizige Wunsch aller Gründungsmitglieder. Während der Instrumentenwart noch eine Weile tatenlos auf seine erste Aufgabe warten sollte, konnten schon die hochmotivierten, jedoch noch recht ahnungslosen Aktivisten in die ersten Geheimnisse der Musik eingeweiht werden, was Herbert Göbel zwar mit Herz, aber dennoch nur in grauer Theorie im Jugendheim hinter der Kirche leisten konnte. Noten und Instrumente standen beim Kassierer noch eine Zeit lang auf der Sollseite.
Es tut sich was
Der erste Silberstreifen erschien, als eine spontan arrangierte Haussammlung den Grundstock von 800,- DM zusammenbrachte, um die Habenseite ebenfalls zu füllen. Es muss wohl eine große Motivationsspritze gewesen sein, als Johann Landers durch seine guten Verbindungen schon bald Josef Viegener (Musikhaus Lyra aus Münster) zum Instrumenten-„Viewing“ am Dienstag, den 19. Januar 1957, in die Schule eingeladen hatte. Erstmalig konnten die „Bläser in spe“ live ausprobieren, was sie sich bisher nur in der Theorie vorstellen konnten. Aber erst, nachdem Johann Landers die Qualität der Instrumente abgesegnet hatte, war der „Zugriff“ offiziell für jeden angehenden Musiker erlaubt. Wie groß bereits der junge Verein geworden war, musste man feststellen, als die 800,- DM schon ausgegeben waren und mehr als die Hälfte immer noch kein Instrument besaß. Aber jung heißt auch modern und einfallsreich. Heute würde man wie selbstverständlich die Instrumente leasen. Wer hätte damals schon an diese Möglichkeit gedacht? Es zeugt von großem Vertrauen (oder vielleicht auch ausgeprägtem Geschäftssinn) in die engagierten Musiker, dass Josef Viegener auf die Schnelle das System der Ratenzahlung aus der Tasche zog und so die Restsumme (insgesamt belief sich die erste Anschaffung auf 2.095,95 DM) vorfinanzierte. Der Verein stotterte anschließend den Betrag mit monatlichen Raten in Höhe von 150,- DM ab.
Es wird ernst
Auf diese Weise konnten die ersten 19 „Musiker“ bis März 1957 mit Instrumenten ausgestattet werden. Auch wenn es beim Spielen der ersten Choralnoten ("Jesus dir leb‘ ich") eher nach Choralnöten klang, gab dieser erste öffentliche Auftritt zur Fronleichnamsprozession den musikalisch passenden Rahmen. Noch überwogen – nicht nur anlassbezogen – die moll-Töne, aber auch die Begeisterung. Nicht umsonst hatte man sich an den nächsten Marsch „Jugend ist Zukunft“ gewagt. Eine erkennbare Heraus- und vielleicht auch Überforderung, die dringend bei August Weiler in der Gaststätte „Lindenhof“ erörtert und zu einer realitätsbezogenen Planung führen sollte.
Die Kinderschuhe verlassen
Begeisterung allein reichte also nicht aus. Was fehlte, waren ein richtiger Übungs- und Konzertraum, Geld und Publikum. Spontan stellte die Familie Wienemann-Uebbing ihren Saal der Gaststätte „Zu den vier Steinen“ zur Verfügung. Der Umzug der freitags und sonntags stattfindenden Proben war schnell erledigt. Mehr Gehirnschmalz verlangte die Beschaffung von Geld und Publikum. Herbert Göbel startete die erste PR-Aktion: Kommt das Publikum nicht zu uns, so gehen wir zum Publikum! – und so postierte man am Heiligen Abend 1957 den Musikverein an strategisch wichtigen Punkten und tauchte ganz Vynen in eine weihnachtliche Stimmung. Die Präsenz des Musikvereins konnte nun niemand mehr leugnen. Doch wie kommt man an die notwendigen Finanzen?
Der erste Erfolg
Harte Proben und der unermüdliche Einsatz des Dirigenten Johann Landers zeigten den notwendigen Erfolg. Mit Holatschecks "Fiedelem Bauern“ unter dem Schiffermast bei Vehring im Jahre 1958 war das Eis endgültig gebrochen. Die Vynener Bürger schauten mit Begeisterung und Stolz auf „Ihren Musikverein“ und dankten es mit einer spontanen Hutsammlung, initiiert durch Karl Seelen. 97,- DM! – das war mehr als nur viel Geld in den 58ern – das war Balsam auf die Seele eines jeden Musikers und aller, die an den Verein geglaubt haben. Und es war vor allem der Ansporn, noch intensiver am Fortkommen des Vereins zu arbeiten
Der Verein etabliert sich
Von nun an war es Ehrensache, dass sich der Verein präsentierte. Nachdem auch der streng eingeübte Gleichschritt funktionierte, wurden die Bläser fester Bestandteil von Prozessionen, Schützenfesten und anderen Anlässen. Lange Zeit waren die Ortsgrenzen auch das natürliche musikalische Verbreitungsgebiet des Vereins. Die große Welt – und das war in erster Linie die nahegelegene Stadt Xanten – setzte höhere Maßstäbe. Hier hatten die Platzhirsche bereits seit Jahren das Terrain abgesteckt. Anreiz genug, um Jahr für Jahr besser zu werden, bis es 1966 endlich soweit war: Der Musikverein Vynen marschierte auf dem Xantener Schützenfest! Der Startschuss für den Exportschlager war gegeben. Heute wird der Verein im Umkreis von 50 km gerne zu Schützenfesten oder Konzerten engagiert
Tradition und Evolution
Natürlich ist der Verein seiner Tradition verbunden und lebt in, mit und von seinem Heimatdorf Vynen und fühlt sich dem Dorfleben überzeugt verpflichtet. Gleichzeitig stellt sich der Verein den immer neuen Anforderungen sowohl in musikalischer als auch vereinsmäßiger Hinsicht. Heute bietet er vor allem für engagierte junge Musikfreunde eine attraktive Alternative zu den vielfältigen Freizeitangeboten. 70 % der aktiven Mitglieder haben das 25ste Lebensjahr noch vor sich. Viele bleiben auch über Jahrzehnte aktiv, sofern es Berufs- oder Familienleben zulassen. Andere kehren nach Jahren wieder zurück, um dort wieder anzuknüpfen, wo sie einst begonnen haben. So ist und bleibt der Verein immer ein fester Bestandteil eines jeden Mitgliedes und des ganzen Dorfverbandes.
Namen und Ereignisse in fast 60 Jahren Vereinsgeschichte
Nachdem der Musikverein mehr und mehr auf eigenen Füßen stehen konnte, verteilte Herbert Göbel die Vorstandsarbeit behutsam auf immer mehr aktive Mitglieder. Ende der fünfziger Jahre wählten diese dann Willi Heickmann zum 1. Vorsitzenden. Mit viel Schwung und Elan hat er dieses Amt dann fast zwanzig Jahre bekleidet. Nach der ersten Aufbauphase wechselte auch bald der Dirigentenstab von Johann Landers auf Theo Ladner aus Xanten über. Hierauf folgten als Dirigenten Heiner Mummert aus Lüttingen, Heinrich Lammers aus Obermörmter, Theo Völlings aus Kalkar, und 1971 kam Carl Verhey aus Ulft in Holland. Zwischendurch gab es immer wieder mehr oder weniger lange Perioden ohne musikalische Führung. Dann sprang stets Heinz Heickmann in die Bresche. Er war es auch, der sich um die Ausbildung des ersten Nachwuchses bemühte. Die Blasmusikgedanken wurden besonders gefördert, als die ehemalige Volkshochschule Marienbaum in den Jahren 1967 bis 1969 in Marienbaum, Obermörmter und Vynen Konzerte organisierte. Hierzu schlossen sich die drei Musikvereine unter der Stabführung von Heinrich Lammers jedes Mal zu einem Großorchester zusammen. Alle Musiker spürten dann plötzlich, welche phantastischen Möglichkeiten sich einem Klangkörper von 50 bis 60 Musikern eröffnen. Johann Landers Wunsch war es ja immer schon gewesen, dass sich die drei Musikvereine später näher zusammenschlössen, um bei Bedarf Musiker auszutauschen oder größere Konzerte zu veranstalten. Aus diesen gemeinsamen Konzerten entwickelte sich zwischen den Mitgliedern der Musikvereine aus Marienbaum und Vynen eine dauerhafte Freundschaft. 1981 feierten sie ihren dreizehnten gemeinsamen Kameradschaftsabend. Die ebenfalls gute Freundschaft zwischen dem Tambourkorps Vynen und dem Musikverein führte 1970 zu den Gedanken, sich gegenseitig mehr zu ergänzen und zu fördern. Auf einer gemeinsamen Mitgliederversammlung wurde deshalb die "Musikvereinigung Vynen" beschlossen. Grundlage der Vereinigung war die Absicht, dass die Mitglieder des Musikvereins die gleiche Uniform tragen sollten, wie sie das Tambourkorps schon besaß. Mehrere Auftritte der Vereinigung wurden durch schöne Erfolge belohnt. Besonders der Große Zapfenstreich auf einem Schützenfest in Mettmann 1972 brachte der "Marinekapelle Vynen" (Düsseldorfer Nachrichten vom 05.05.1972) ein großes Ansehen. Die so hoffnungsvoll begonnene Vereinigung brach jedoch nach einigen Jahren wieder auseinander. 1973 wurde deshalb die erste eigene Uniform gekauft. Um die Traditionen des Schifferdorfes Vynen zu wahren, blieb es aber bei der Grundfarbe blau. Das Jahr 1971 war ein wichtiger Meilenstein in der Entwicklungsgeschichte des Musikvereins. In diesem Jahr konnte der schon erwähnte Carl Verhey als Dirigent verpflichtet werden. Die ersten Proben im April überzeugten beide Seiten schnell von den gegenseitigen Qualitäten. Bald schon ging es mit der Musik weiter aufwärts. Zusätzlich übernahm der neue Mann auch die Nachwuchsausbildung. Die straff geführte Leitung beflügelte die Mitglieder. Im gleichen Jahr noch wurde beim ersten auswärtigen Schützenfest in Rees-Mehr der Große Zapfenstreich aufgeführt. Immer öfter wurde der Musikverein jetzt zu Veranstaltungen in der näheren und weiteren Umgebung verpflichtet. In den letzten Jahren spielte er jährlich bei 40 bis 50 Gelegenheiten, davon mehr als die Hälfte auf auswärtigen Veranstaltungen öffentlicher oder privater Natur. Willi Heickmann prägte hierzu einmal den Satz: "Wey sin de ganze niederrheinische Tiefebene tüs". Der Mittelpunkt vieler Schützenfeste ist dabei immer wieder die Parade und der Große Zapfenstreich. Die weitere Entwicklung des Musikvereins: 1977 gab Willi Heickmann den Vorsitz an Herbert Schleß ab, im August des gleichen Jahres überreichte Carl Verhey den Taktstock an Günter Rösen aus Lüttingen; 1979 gaben sich die Mitglieder eine neue Satzung; am 18.03.1980 wurde der Verein in das Vereinsregister eingetragen; 1981 ging der Vorsitz an Herbert Spickermann. Augenblicklich besteht der Musikverein aus 42 Mitgliedern. Die Ausbildung des Nachwuchses erfolgt durch Lehrkräfte der Dommusikschule Xanten und durch private Musiklehrer. Die gute Ausbildung der Schüler bietet die solide Grundlage und die Gewähr, dass der Musikverein Vynen auch in der Zukunft den sich langsam wandelnden Anforderungen gerecht werden kann.
Seit Anfang der 80er Jahre hat sich der Vynener Musikverein kontinuierlich weiterentwickelt. An den Dirigenten Martin Jansen aus Holland dürften sich noch fast alle erinnern. Er hatte den Hauptanteil an der Steigerung der musikalischen Qualität und der Mitgliederzahl. Zusammen mit dem Repertoire vergrößerte sich nach und nach auch die Besetzung. Mit Holzbläsern wie Klarinetten, Fagott und Saxophonen sowie Bass-Gitarre ließ sich auch modernere Unterhaltungsmusik spielen. Heute ist der Musikverein Vynen e.V. - 1980 trug man sich in das Vereinsregister ein - ein recht großes Blasorchester mit gut 40 aktiven Mitgliedern geworden. Dazu kommen um die 15 Musikschüler sowie 70 Fördermitglieder. Aufgrund der etwa 20 Jugendlichen stellt sich der Musikverein als recht "junges" Orchester mit einem Altersdurchschnitt von etwa 30 Jahren dar. Der 29. April 1990 war für den Musikverein ein ganz besonderer Tag: der erste Fernsehauftritt. Das ZDF-Sonntagskonzert wurde aus dem Amphitheater Xanten gesendet. Einige Wochen vorher wurde im Schützenhaus Xanten die Aufnahme des "Mars der Medici" durchgeführt. Ein großer Aufwand für drei Minuten Marschmusik. Vor dem Fernsehtermin war an zwei Abenden Probe vot Ort, bevor am Sonntag das Konzert live über den Sender übertragen wurde. Ein besonderes Frühjahrskonzert war das im Jahr 1992. Wenige Tage vorher musste Dirigent Martin Jansen plötzlich ins Krankenhaus und fiel einige Wochen aus. Die Rettung kam aber von ihm selbst: sein Sohn Martin Jansen jun. führte die Generalprobe durch, und das Konzert konnte stattfinden. 1996 feierte der Musikverein Vynen sein 40-jähriges Bestehen. Zum Festkonzert im Kirmeskonzert spielte das Borkener Blasorchester, zu dem wir einige Jahre eine Partnerschaft pflegten, die irgendwann leider einschlief. Aus dem klassischen Musikprogramm des Blasorchesters hat sich ein modernes und aktuelles Repertoire entwickelt. Klassische Werke, Volks- und Marschmusik gehören ebenso dazu wie Pop-/Rockmusik und bekannte Musik aus der Welt der Big Bands. Das zeigen Namen wie Aqua Dance, James Bond, Chuck Mangione, Abba, Udo Jürgens oder Glenn Miller. Besonderer Wert wird auf die Förderung der Jugend gelegt. Neben der Förderung der qualifizierten Musikausbildung gibt es eine Reihe von Aktionen speziell für die Jugend.
Das Jahr 2006 schließlich stand ganz im Zeichen des 50-jährigen Vereinsbestehens. Von Frühjahrskonzert über die erste CD-Aufnahme des Vereins bis hin zum großen Jubiläumswochenende im Juli - alle Festivitäten standen unter dem Motto "50 Jahre Musikverein Vynen".
Im Jahr 2007 übernahm dann Martin Jansen jun. den Dirigentenstab von Ralf Schmidtkamp.
In diesem Zeitraum wurde auch das Jugendorchester von Christina Tigler und Simon de Klein gegründet. Im Jahr 2011 übernahm Manuel Kerkmann die Leitung. Seit Mai 2014 arbeitet Martin Jansen jun. mit den Schülern und Jugendlichen.